Als Reaktion auf diesen Artikel unter lawblog.de, kam ich am Ende doch wieder auf eines meiner Lieblingszitate von Tucholsky.
Das wirklich Bemerkenswerte ist eigentlich, das bei dieser “Ausschreibung” bereits die Leistungen vom Arbeitsamt mit einkalkuliert sind und dieser Arbeitgeber (ob soziale Einrichtung oder nicht @15) bereits eine Rechnung im Hinterkopf hat, wieviel dem Arbeitnehmer am Ende wohl bleiben wird. Im Prinzip versucht hier jemand für sein Unternehmen Unterstützung vom Staat zu erheischen, indem er mit Leistungen rechnet, die eigentlich mal als Hilfe für sozial Schwächere gedacht waren. So verkommt das Arbeitslosengeld zu einer Subvention für Unternehmer; und ich als jemand, der verpflichtet ist, laufend für dieses Geld aufzukommen, darf es wohl zu recht als himmelschreiende Zweckentfremdung meiner Mittel betrachten, wenn sich Unternehmer indirekt daran bereichern.
Auch, wenn es vielleicht richtig ist, das Arbeit mehr als reiner Broterwerb ist; soziale Kontakte und Bindungen am Arbeitsplatz befördert werden und vielleicht auch ins Privatleben überstrahlen, die Aussicht auf Festanstellungen steigt und sich sicher auch das Gefühl des “Gebrauchtwerdens” einstellt, wenn man Spaß an seiner Arbeit hat; es bleibt plumpe Ausbeutung. Der Arbeitgeber kann sich doch auch einfach darüber freuen, das er viele Angestellte hat, dem Gemeinwesen etwas Gutes tut und das wohlige Gefühl genießen, einer armen Seele eine Chance zu geben. Wozu braucht er dann noch das Geld, welches er durch billige Arbeitskräfte einspart? Sprich: Warum ist es immer das Salär des Arbeitnehmers, welches zur Disposition steht? Beide Parteien versuchen Geld zu verdienen, warum wird das Anliegen des Arbeitnehmers generell geringer eingeschätzt?
Ich bin ja gewiss keine Linke Socke, sondern ein vehementer Beführworter des Leistungsprinzips. Leistung heißt aber auch: Wer Leistung erbringt hat dafür adäquat bezahlt zu werden. Wenn ich diese “Hauptsache Arbeit”-Mentalität aus dem bürgerlich-christlichen Lager so höre kotze ich gern auch mal im Strahl. Wenn sich dann auch noch diese komischen, selbsternannten Liberalen dazwischen drängeln und von Angebot und Nachfrage Faseln ist meine Sehnsucht nach einem Mindestlohn auch schon komplett. Von wegen der Arbeitsmarkt ist ein Markt wie jeder andere! Was passiert denn eigentlich, wenn mal eines der Waren aus dem Angebot schadhaft oder mangelhaft ist? Ist das ein Garantiefall? Geht das Produkt zurück zum Absender? Wird nachgebessert? Die Ware “Arbeit” ist (gelinde gesagt) ausgesprochen eng mit den Menschen verknüpft, die sie anbieten, wie kommt man da eigentlich auf diesen einfältigen Gedanken, den Arbeitsmarkt wie jeden anderen Markt auch zu behandeln? Nein, nein, auf dem Arbeitsmarkt gelten andere Regeln (davon bin ich zumindest überzeugt) und bisher hat noch keine politische Strömung in Deutschland passende Werkzeuge gefunden, diesem Umstand gerecht zu werden.
Zum Glück bin ich nicht der Erste, dem es so geht und wir nicht die erste Generation, die derlei Phänomene beobachtet. Das kannte schon Tucholsky, guckst Du:
“Eine der schauerlichsten Folgen der Arbeitslosigkeit ist wohl die, dass Arbeit als Gnade vergeben wird. Es ist wie im Kriege: wer die Butter hat, wird frech.” – “… zu dürfen”, in: “Die Weltbühne”, 14. Oktober 1930, S. 597