Aufopferungsvolle Staatslenker

Gerade lese ich in der Taz, das der neue Innenminister in den Dialog mit der “Internetgemeinde” treffen möchte, da er sich um die Handlungsfähigkeit des Staates im Internet sorgt. Bemerkenswert ist folgender Abschnitt:

Die Bürger seien beim Selbstschutz ihrer Daten und Computer überfordert – Staat und Provider müssten sie dabei unterstützen. “Es ist falsch, im Staat eine bedrohende Instanz zu sehen. Er ist eine beschützende Instanz”, schrieb de Maizière.

Es ist schon länger klar, mit welchem Filter die üblichen Verdächtigen auf die Welt blicken; der unmündige Bürger ist dabei so etwas wie der Klassiker und das schon seit Adenauers Zeiten. Nichts anderes bedeutet es ja, wenn jemand den Menschen die Fähigkeit abspricht sich selbst um ihre Belange zu kümmern, um sich anschließend selbst für deren Erledigung ins Gespräch zu bringen. Der Bürger ist dumm und muß vor sich selbst beschützt werden. Dabei ist es unerheblich, ob nun gute Absicht vorherrscht oder nicht, ob uns jemand beschützen will oder nicht. Ob er es ermst meint oder ihn Hintergedanken plagen, die in der Durchsetzung ganz anderer Interessen begründet sind. Er erklärt mich für unfähig und bringt sogar noch dritte ins Gespräch, die dann meine Angelegenheiten bestellen sollen. Konzerne. Kopfschütteln reicht da eigentlich nicht mehr aus, ich liege schon mit dem Kopf auf der Tischplatte und hoffe, das der Schmerz nachläßt.
Von Erich Mielke ist der Satz überliefert: “Ich liebe doch alle Menschen.” und ich vermute, er hat damit nicht einmal gelogen. Sogar unser Innenminister will nur unser Bestes, was er nicht begreifen kann und will ist: Es liegt nicht in seiner Hand. Daran ändert sich auch nichts, wenn dem Minister laufend die Branchen- und Interessenverbände, undedarfte Internetnutzer und Industriekonzerne in den Ohren liegen und anmerken, man müsse mal was tun. Anstatt den Ministerflüsterern mal zu sagen, das sie ihre Angelegenheiten gefälligst selbst bestellen sollen (so wie man es von mündigen Bürgern erwartet), fühlt sich der gerade Berufene geehrt und rennt los und macht halt irgendwas. Und redet halt mal ein wenig. Nur, es liegt nicht in seiner Macht.
Reden wir über die Daten und Computer der Bürger, verlassen wir den Bereich der Inneren Sicherheit und sind direkt im Privaten; im ganz Privaten. Dafür ist keiner der Berliner Minister zuständig. Weder Minister, noch Kanzler, noch Bundespräsident, noch alle Zusammen und auf einmal. Das ist Sache der Bürger und nur der Bürger. Und sind diese nicht in der Lage ihre Angelegenheiten zu regeln, dann haben wir kein Problem in Sachen Innere Angelegenheiten, sondern ganz banal ein Bildungsproblem. Damit ist es Sache von Frau Schavan. In der Tat ist ganau das das Einzige, was ich unserem Gemeinswesen an Eingriff gestatten würde. Fortbildung in Sachen Internet. Solche kann das Innenministerium gern und zu hauf finanzieren und für alle Mitbürger kostenfrei halten. Herr  de Maizière könnte meinem Arbeitgeber auch die Kosten für meine Arbeit erstatten, damit ich auch in Zukunft den Internetnutzern das Internet erklären kann. Dummerweise habe ich nicht den Eindruck, das der Innenminister mit Mitteln winkt um die Situation zu verbessern. Nein, er und seines Gleichen wollen Gesetze machen. Der einzige Unterschied zu vorher ist, sie haben in den letzten ein einhalb Jahren Gegenwind verspürt und wollen wieder etwas Ruhe in die ganze Sache bringen. Da will jemand Ruhe in ein Medium bringen, welches von Unruhe lebt. Dummerweise ist dies nicht das einzige Mißverständnis.

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